GGR 9.5.2011
Zentrum Frauensteinmatt: Richtlinien Vermietung / 2. Zwischenbericht
Der Bau des Zentrums Frauensteinmatt kam gut voran. Die Kosten, wenn man dem letzten Bericht Glauben schenken darf, hat man ebenfalls im Griff. Trotz Projektänderungen und –mutationen soll der bewilligte Baukredit eingehalten werden können. Zahlreiche Seniorinnen und Senioren freuen sich, bald in diese neuen Gefilde einziehen zu dürfen. Denn damit rechnen konnte man nicht, da brauchte es schon viel “fortune”!
Für alle lauter Gründe zum Jubilieren! Für alle! – Eben nicht. Einer jammert auf hohem Niveau, ist gar “ernüchtert”! Er, der gedacht hatte, ich zitiere, “dass uns die Interessenten die Bude einrennen, muss stattdessen “einen grossen Aufwand betreiben, musste gar die Wohnungen zweimal ausschreiben … und erhielt dennoch bloss 23 Anmeldungen, zu einem Zeitpunkt, in welchem die Vergabekriterien noch nicht bekannt waren. Sodann wenig tröstlich für den arg gebeutelten Finanzchef, dass die Hälfte dieser Interessenten nicht einmal die Vergabekriterien der Stadt zu erfüllen vermochten. Und dann noch diese vermaledeiten Mieterinnen und Mieter, die sich mit elektrischen Storen, Geschirrspüler, grosszügigen Balkonen, in jedem Zimmer Telefon- und Internetanschluss, zwei Nasszellen bis hin zu Waschmaschine und Tumbler nicht zufrieden geben wollen. Nein, da gibt es welche, die auch noch Seesicht verlangen! “Vollkasko-Mentalität” schimpft er dies, hohe Ansprüche auf viel Komfort und wenig eigene Leistung, alles auf Kosten der Öffentlichkeit. “Gesellschaftspolitischer Zündstoff” vermutet der Finanzchef gar dahinter!
Ich könnte weiter aus dem Interview zitieren, bis auch Ihnen, meine Damen und Herren, sämtliche Haare im Nacken zu Berge stehen! Wie Recht er nur hat, der Herr Romer, mit dem Sprengstoff. Es hat mich fast “verjagt” an diesem schönen Sonntagmorgen, als ich dieses Interview über mich ergehen liess. Ich konnte es kaum glauben, dass ein Stadtrat meiner Heimatstadt mit einer an Ignoranz grenzenden Nonchalance gegenüber einem der dringendsten Probleme unserer Stadt und unseres Kantons hinweglaviert und dabei auch noch gleich die Mieterinnen und Mieter mit ihren vermeintlich übersteigerten Komfortansprüchen mit in die Pfanne haut. Dass er dabei auch noch gleich eine Lektion in darwin’schem “survival of the fittest” erteilt, frei nach dem Motto “Wenn schon keine Kohle, dann aber bitte keine Ansprüche!”, wundert dann nicht mehr.
Gleichwohl aber wirft dies die Frage auf, ob unsere Stadträte derart abgehoben politisieren, dass sie die Sorgen und Nöte eben auch des Mittelstandes schlicht nicht mehr kennen, dass die prekäre Situation auf dem Wohnungsmarkt für sie ein schlichtes, politisch bloss hochstilisiertes Abstraktum darstellt.
Von jedem Stadtrat verlange ich, dass er auch ein seiner Mutterpartei missliebiges Thema mit gebührendem Respekt zur Sprache bringt, auch wenn dieses noch nicht zum Lieblingsthema seiner frei denkenden Partei geworden ist. Denn das Thema Wohnen in Zug dürfte nolens volens auch zum Thema der FDP werden. Erst gestern gestand mir beispielsweise ein arrivierter Zuger Wirtschaftsanwalt, dass es den jungen Anwälten ihrer Kanzlei kaum möglich sei, hier in Zug eine zahlbare Wohnung zu finden. Na dann Prost!
Gescheiter hätte man wohl das besagte Interview dazu genutzt, um die vom Stadtrat in unglücklicher Weise festgesetzten Vergabekriterien ernsthaft zu hinterfragen. Weiss der Teufel, was den Stadtrat dabei geritten hat, 3.5.Zimmerwohnungen bloss an Einkind- und 4.5-Zimmerwohnungen bloss an Zweikindfamilien zu vergeben. Schon mal was von Familienplanung gehört, meine Damen und Herren? Es ist wohl nicht ganz weltfremd, dass, wenn ein junges Paar sich zur Familie mausern will, häufig sich eben für die Gründung einer Familie entschliesst, ohne dabei im Detail zu wissen, wieviele Kinder es genau dereinst sein werden. Meist aber soll es ja nicht bei der Einkindfamilie bleiben, wiewohl die Statistik im Kanton Zug gerade dies zu belegen scheint. Gerade bei der Familiengründung soll aber die künftige Wohnung eben die “Familien-Ausbauoption” mitenthalten, ohne deswegen gleich wieder den Wohnungsmarkt abklappern zu müssen und sich für den Fall des neuerlichen Umzugs auch noch gleich mit hohen Umzugskosten konfrontiert zu sehen. Kurz: dem Stadtrat sei empfohlen, die Vergaberichtlinien mit dem nötigen politischen Mut zu überdenken. Dies nicht zuletzt aus Gründen der Solidarität mit dem Finanzchef, um diesem bei der Vermietung des Roost, wie von ihm im Interview nämlich bereits befürchtet, ein weiteres Vermietungs-Debakel zu ersparen. Dies, obwohl die Wohnungen in der Frauensteinmatt alle längst vermietet sind.
Und zu guter Letzt noch dies: Mieterinnen und Mieter dürfen Sie durchaus als mündige Konsumentinnen und Konsumenten verstehen, die eben auch eine relativ günstige Wohnung nicht anmieten, wenn die persönlich gesetzten Rahmenbedingungen nicht stimmen, und eben einen Mietvertrag nicht einfach deswegen unterzeichnen, bloss weil eine Wohnung günstig ist. Und wenn jemand Seesicht anstrebt, ist dies – wohl auch in der Lesart der Urliberalen -, die es in diesem Saale zwar nicht mehr allzu viele gibt, sein gutes Recht, eine ebensolche Wohnung zu suchen, um sich sein “Träumli” zu realisieren, allerdings eben nur dann, wenn es der Markt und die persönlichen Finanzen solches eben zulassen. Mit “Vollkasko-Mentalität” hat dies aber nichts zu tun und es ist – das kann ich hier Deutsch und deutlich sagen – meiner Meinung auch nicht Sache der Stadt, solche Idealvorstellungen zu subventionieren. Es wird aber je länger je mehr Sache der öffentlichen Hand sein, in geeigneter Weise regulierend in den Mietmarkt einzugreifen, sei es durch Zonen für preisgünstigen Wohnungsbau oder eben durch Vorhaben wie hier in der Frauensteinmatt oder im Roost!
Urs Bertschi
SP-Fraktion