Neue Zuger Zeitung vom 17.2.2014
Am 9. Februar war ich richtig stolz auf Zug. In der Zentralschweiz lehnte es als einziger Kanton und als jener mit dem höchsten Anteil AusländerInnen die Abschottungsinitiative ab. Damit stand Zug in der gesamten Deutschschweiz allein mit Baselstadt und Zürich gegen die Front der Ja-Sager. Aber das gesamtschweizerische Resultat schmerzt einen Schweizer mit Migrationshintergrund. Denn es ist für die Schweiz schlecht. Und es wird einem Land, das bisher europaweit gut mit einer hohen Migrationsvielfalt umzugehen wusste, nicht gerecht.
Im Rahmen einer internationalen Studienwoche konnte ich mich kürzlich mit dem demografischen Wandel in Europa und der Welt auseinandersetzen. Die Geburtenrate in der Schweiz beträgt zurzeit gerade einmal 1.5 Prozent. Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung dank der Lebensqualität und den medizinischen Fortschritten – die wir übrigens auch den vielen ausländischen Mitarbeitenden im Gesundheitssystem und den vielen ausländischen Hochqualifizierten in der Schweizer und Zuger Pharma verdanken. Die demografische Lücke zwischen jung und älter muss gefüllt werden. Gleichzeitig braucht unsere Wirtschaft die Arbeitskräfte nicht nur für Pflege, Forschung und Technologie, sondern auch auf dem Bau oder in der Landwirtschaft. In der Stadt Zug, die wirtschaftlich von der Zuwanderung profitiert, wird das Problem des knappen Wohnraums ernst genommen. Die SP-Initiative von 1981 für günstige Wohnung in der Stadt Zug war der erste Schritt und 2013 erfolgte der zweite, als die Bevölkerung der Initiative „Wohnen in Zug für alle“ zustimmten. Dank ihr werden in Zug mehr preisgünstige Wohnungen entstehen.
Offene Grenzen mit flankierenden Massnahmen, Wohnen für alle und ein Mindestlohn – so sähe die Erfolgsgeschichte der Schweiz und des Kantons Zug aus. Doch der Nationalrat lehnte eine Motion für flankierende Massnahmen zur Personenfreizügigkeit ab, die der Ständerat akzeptiert hatte. Leider. Dabei hätten solche Massnahmen gerade dem Tessin, das besonders unter Lohndumping leidet, Rechnung getragen. Denn der Grenzkanton war vor der Einwanderungsabstimmung in einem eigentlichen Panikzustand. Diese Panik steckte sogar die Tessiner Grünen an, die mit der SVP und der Lega dei Ticinesi gleich zogen. Am Ende wurde der Alptraum der Abschottungsinitiative wahr. Und wir Zugerinnen und Zuger müssen die Kröte auch schlucken.
Das Anliegen dieser Initiative war absurd. Aber richtig fatal wird es erst noch mit der Ecopop-Initiative. Diese neue „ökologische“ Ausländerfeindlichkeit will jährlich nur noch einen Fünftel der aktuellen Nettozuwanderung erlauben oder: 0.2% der ständigen Wohnbevölkerung. Die Initianten wollen nicht nur die Zuwanderung drastisch reduzieren, sondern auch Entwicklungshilfe-Gelder in die „Familienplanung“ investieren. Doch die beiden Länder, aus denen am meisten Arbeitskräfte in die Schweiz gelangen, brauchen wahrlich keine Verhütung: Sowohl Deutschland wie Portugal brauchen mehr Kinder. Wer solcher unsinniger Panikmache wie der Ecopop-Initiative den Wind aus den Segeln nehmen will, hat ein gutes Mittel in der Hand: Einfach am 18. Mai die Mindestlohn annehmen. Denn diese schafft bessere Lohnbedingungen in der Schweiz. Sie schützt, wie die flankierenden Massnahmen, die hier Lebenden vor Lohndumping und garantiert weiterhin eine wirtschaftliche stabile und gegenüber der Zuwanderung offene Schweiz.
Rupan Sivaganesan
Gemeinde- und Kantonsrat SP