Standpunkt Neue ZZ vom 17.2.2016

Der öffentliche Sektor ist für weibliche Führungskräfte deutlich attraktiver als die Privatwirtschaft: der Schilling-Report 2016 belegte erstmals, dass der Frauenanteil in den obersten Führungsgremien bei den Kantonen mit einem Anteil von 13 Prozent mehr als doppelt so gross ist wie bei Privatunternehmen (6 Prozent).

Themenwechsel: Pro Jahr sind schweizweit rund 27‘000 Kinder und Jugendliche bei Gewalt in Paarbeziehungen mitbetroffen. Bei mehr als jeder zweiten Polizeiintervention wegen häuslicher Gewalt sind Kinder anwesend, davon überproportional viele im Alter von 0-6 Jahren. Es ist daher ein wichtiges Zeichen, dass die Kantonsregierung kürzlich die Ratifikation der „Istanbul-Konvention“ begrüsste: Dieses Übereinkommen ist in ganz Europa das erste bindende Instrument, um Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu verhüten und zu bekämpfen, 39 Staaten haben sie bereits unterzeichnet. Der Europarat bietet wichtige Grundlagen, aber die Umsetzung muss lokal geschehen. Auf allen Ebenen. Wer effektiv Gewalt bekämpfen, Diskriminierung verhindern und Gleichstellung umsetzen will, muss vor Ort, bei uns in der Stadt, aktiv sein. Ob bei der Diversität bei Führungskräften in der städtischen Verwaltung, bei Gewalt und Stalking, bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Mütter und Väter, bei Lohn- und Bildungsunterschieden – die Liste ist lang.Die kantonale Exekutive hat vor fast einem Jahr im Rahmen einer Vernehmlassung zum Gleichstellungsgesetz festgehalten, dass trotz der Fortschritte bei der formalen Ungleichbehandlungen in vielen Bereichen die tatsächliche Gleichstellung noch nicht realisiert sei. Allerdings erachtete es der Regierungsrat nicht für notwendig, einen Massnahmenplan vorzulegen und ich vermisste ausdrücklich die Verbindlichkeit, und damit den echten Willen der Regierung, konkrete Massnahmen zur Umsetzung der Gleichstellungsziele zu ergreifen. In seiner Antwort zum kantonalen Entwurf befürchtete der Stadtrat daher zu Recht eine „symbolische Gesetzgebung“. Bis heute ist nicht bekannt, was der Kanton effektiv zu tun gedenkt, um Gleichstellung bei den Geschlechtern weniger stiefmütterlich zu behandeln und welche Folgen es auf die Gemeinden hätte. Neben wir doch das Heft selber in die Hand. Eine aufgeschlossene Stadt mit internationaler Verflechtung nimmt Gleichstellung ernst! Beim Blick über den Tellerrand hinaus stossen wir auf genügend Modelle und Vorbilder. 2009 setzte die Stadt Bern erstmals einen Aktionsplan zur Gleichstellung in Kraft. Es war ein schweizweites Pionierprojekt, dem andere Städte folgten. Die aktuellen Massnahmen 2015-2018 setzen konkrete Ziele in sechs Bereichen um. Der Berner Stadtpräsident Alexander Tschäppät sagt dazu: „Wir sind überzeugt, dass eine zukunftsorientierte Gleichstellungspolitik Bern attraktiver macht – als Lebens-, Arbeits- und Wohnort sowie als Wirtschaftsstandort für fortschrittliche Unternehmen.“ Das ist in Zug nicht anders. Wir könnten bei uns in der Stadt die Einhaltung der Lohngleichheit überprüfen, dem längst bekannten Mangel an Kinderbetreuungsplätzen etwas entgegensetzen,… Hauptsache, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder fortschrittliche Arbeitsbedingungen bleiben im Jahr 2016 nicht Makulatur. Wer Gleichstellung sät, wird mehr Lebensqualität ernten.

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