Zuger Tunnelidee wird auch aufgewärmt nicht besser

Noch vor ein paar Wochen war es um dieses Megaprojekt ruhig. Jetzt füllen sich die Kommentar- und Leserbriefspalten. Es treibt die Bevölkerung um. Viele fühlen sich nicht ernst genommen und schlecht informiert. Die Leute auf der Strasse wissen nicht genau, was sie von und mit diesem Tunnelprojekt erwarten können. Und es kommen langsam aber sicher, Emotionen ins Spiel. Wenn Ihnen das alles jetzt schon zu viel ist, dann lesen Sie ganz effizient nur den letzten Abschnitt.

Wie kann man das Umfahrung nennen? Schön, dass Sie alles lesen. Danke. Der Regierungsrat und der Stadtrat sprechen nicht von Tunnel, sondern von Umfahrung. Es braucht sehr viel Fantasie, um darin eine Umfahrung zu sehen. Der Tunnel würde mitten ins neue Stadtzentrum führen. Der nördliche Tunnelausgang käme in der meistbevölkerten und am schnellsten wachsenden Gegend der Stadt zu liegen; mitten im Verdichtungsgebiet, in dem in den nächsten 10 Jahren Hunderte Wohnungen neu entstehen. Mehr Wohnungen als es im Gebiet um die Neugasse je geben wird. Guthirt, Zug-West und Umgebung würden den Mehrverkehr oberirdisch zu sehen, zu hören und zu riechen bekommen. Es tönt eher nach Verschiebung des Problems als nach Lösung. Unterirdisch!

Wie wird denn das geplant? In der Evaluation der Tunnelvarianten zur Abstimmung 2015 kam die aktuelle Variante nicht einmal in die engere Auswahl. Warum das ein paar Jahre später plötzlich die beste Lösung sein soll, bleibt rätselhaft. Bei einem Megaprojekt wie diesem würde man erwarten, dass man zuerst einen Planungskredit beantragt, ein fertig gedachtes Projekt inklusive flankierenden Massnahmen vorlegt, es sauber visualisiert und dann darüber abstimmt – über eine ausgegorene und fortgeschrittene Planung mit einem Mobilitätskonzept, das diesen Namen auch verdient.

Schönwetterprognosen, für die in 20 Jahren niemand haftet. Der Kanton verlangt, dass 75 Prozent des Verkehrs durch den Tunnel sollen. Der Grossteil möchte aber in die Stadt und nicht weiter. Das heisst, dass viele durch den Tunnel fahren und dann einfach von der anderen Seite in die Stadt fahren. Was das an Mehrkilometern auslösen würde, wage ich nicht im Ansatz auszurechnen. Was, wenn am Ende da einfach ein Tunnel unter Zug durchgeht und es trotzdem kein verkehrsberuhigtes Zentrum gibt? Dann ist das halt so. In 20 Jahren wird niemand dafür geradestehen und heute gibt es dafür keine Garantie.

Alle bezahlen und wer profitiert? Der Kanton macht das grosse Portemonnaie auf. 1000 Millionen Franken kosten die beiden angedachten Tunnelprojekte. Mit der Rendite auf dieses angelegte Geld und den Folgekosten könnte vermutlich der ÖV für alle Zeiten für alle kostenfrei sein. Der Stadttunnel 2015 wurde kantonal mit über 62 Prozent abgelehnt. In der Stadt Zug sogar mit fast 66 Prozent. Fatal wäre es, wenn die Stadt Zug den Tunnel ablehnt und die anderen Gemeinden die Stadt quasi zwangsbeschenken würden. Einen Stadttunnel gegen den Willen der Stadt. Dieses Szenario schönzureden, würde sogar für unseren Stadtrat schwierig werden.

In Kürze: Wollen wir zwei Stadtteile vom motorisierten Verkehr entlasten, um zwei andere zu belasten? Nehmen wir dafür viele Jahre Grossbaustelle mit über hunderttausend Lastwagenfahrten mitten in der Stadt in Kauf? Bezahlen wir 750 Millionen Franken oder über 5000 Franken pro Kopf aus der Kantonskasse, obwohl wir noch keine Informationen haben, wie die Stadt nachher ausschauen wird? Moderne Mobilitätsplanung sieht anders aus. Also nein. Klar nein!

Christian Hegglin, Kantonsrat

Kolumne «Zuger Ansichten», ZugerZeitung online vom 19. Januar 2024

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