Rekordtiefe Steuern und rekordhohe Wohnkosten

Leserbrief von Urs Bertschi

Zur Steuersenkung in der Stadt Zug.

Der Grosse Gemeinderat der Stadt Zug beschloss, den Stadtzuger Steuerfuss von bisher 70 Prozent mit 7 Prozent Rabatt auf 60 Prozent zu senken. Gleichzeitig beerdigte man damit die bisherige Steuerfussstabilität. Die Latte wurde von den bürgerlichen «Reichenvertretern», die ihr Mandat zwar zum Wohle der Allgemeinheit ausüben sollten, nun neu auf 60 Prozent gelegt – damit dann nächstes Jahr eine neue Dumpingrunde eingeläutet und über zusätzliche Steuerrabatte gefeilscht werden kann.

Bürgerliche rennen dem Boden zu
Die SP hat sich im GGR gegen diese fatale Steuerdumping-Spirale leider vergeblich gewehrt. Denn diese Senkung des Steuerfusses ist ungeheuerlich, gerade in einem Klima, wo die Wirtschaft daran ist, sich zu erholen. Die bürgerliche Zuger Parlamentsmehrheit gibt mit ihrem bedenklichen Entscheid gegen den Antrag des Stadtrats weiter Gas in einem Rennen, das am Schluss unter den Zugerinnen und Zugern vor allem Verlierer produziert («race to the bottom»).

Ein aktueller, erstmals erhobener Index der Eidgenössischen Steuerverwaltung zeigt das ganze Ausmass des Zuger Steuerwettbewerbs. Im Rahmen des neuen Finanzausgleichs wird das Ressourcenpotenzial der Kantone zur Steuerausschöpfung gemessen. Die Eckdaten sind hier also einerseits der Wohlstand in einem Kanton und anderseits die Steuerbelastung. Im schweizerischen Durchschnitt beträgt diese Ausschöpfung 25,3 Prozent. Im Kanton Zug sind es halb so viel, nämlich nur gerade 12,8 Prozent! Kürzlich war in einer grossen Tageszeitung zu lesen, dass Vertreter des Kantons Zug in London damit weibeln würden, dass man bei uns nur rund 15 Prozent statt wie in der englischen Kapitale rund 50 Prozent Einkommenssteuern bezahlen müsse.

Die Folgen dieser fragwürdigen Steuerdumping-Politik für Reiche erfährt die breite Zuger Mittelschicht, erfahren viele Zuger Familien drastisch am eigenen Leib: Das Leben in der Stadt Zug und fast im ganzen Kanton wird für Nicht-Reiche unerschwinglich. Das hat eine Studie der Credit Suisse schwarz auf weiss gezeigt. Der Kanton Zug rutschte in der Rangliste der günstigen Kantone von 2006 bis 2008, also innert nur zwei Jahren, beim frei verfügbaren Einkommen vom 5. auf den 18. Platz, verlor also 13 Ränge an «Günstigkeit»!

Nicht-Reiche sind die Verlierer
Die immens steigenden Wohnkosten und die horrenden Bodenpreise sind eine direkte Folge des ruinösen Steuerwettbewerbs um Reiche und Unternehmen. Dieser Zusammenhang ist in vielen Studien belegt und gilt auch in der Wirtschaftstheorie als klassisch. Beim Zuger Steuerwunder gehen die nichtreichen Zugerinnen und Zuger also nicht nur leer aus, sondern sie sind die eigentlichen Verlierer. Viele von ihnen haben gegen ihren Willen ihrer Heimat bereits auf Nimmerwiedersehen gesagt. Weitere werden ihnen folgen müssen. Verschiedene Medienberichte zeigen klar, dass Familien mit mittleren Einkommen wegen der teuren Zuger Miet- und Hauspreise gezwungen sind, in angrenzende Kantone auszuwandern. Dies belegt auch die Statistik: Der Kanton Zug weist seit 2006 eine steigende Binnenauswanderung auf, die zu einer negativen Wanderungsbilanz führt! Diese betrug im Jahr 2008 gemäss Bundesamt für Statistik satte 9,4 Prozent.

Mittlere Einkommen entlasten
Der Zuger Steuerwettbewerb und das sprichwörtliche Buhlen um Reiche verdrängt viele nichtreiche Zugerinnen und Zuger. Doch es gibt Gegenrezepte: Kampf gegen lineare Steuersenkungen in den Gemeinden und im Kanton, gezielte Entlastung für tiefe und mittlere Einkommen. Denn es darf nicht sein, dass in unserer Stadt den nichtreichen Zugerinnen und Zugern der heimatliche Boden noch länger unter den Füssen weggezogen wird!

Urs Bertschi
SP-Fraktionschef, Zug

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