Bürgerliche Ignoranz
FDP-Fraktionschef, Martin Kühn äusserte in seinem Leserbrief vom vergangenen Samstag, es sei verwerflich wenn Politiker und Politikerinnen während einer Debatte einfach den Ratssaal verlassen. Als eine der Politikerinnen, die den Saal verlassen hat, nehme ich dazu gerne Stellung.
Zunächst zur Ausgangslange: Die massiven Mindereinnahmen aufgrund der kantonalen Steuergesetzrevisionen sowie die hohen Ausgleichszahlungen für NFA und ZFA führen in der Stadt Zug seit 2008 zu strukturell bedingten Defiziten. Trotz massivster Sparbemühungen und Verzichtsmassnahmen musste der Stadtrat auch für 2014 ein Defizit von CHF 4.8 Millionen budgetieren. Die mehrheitlich bürgerliche (!) Geschäftsprüfungskommission (GPK) hatte dieses Budget mit einer einzigen Kürzung in der Höhe von CHF 40’000 (nur noch zwei statt drei Ausgaben des Stadtmagazins) mit 7:0 Stimmen zur Annahme empfohlen.
Im Vorfeld der GGR-Debatte hatte sich nun die vereinigte Bürgerliche (CVP, FDP und SVP) zu einer Absprache getroffen, in deren Rahmen weitere Kürzungsanträge beschlossen wurden. Kürzungsanträge mitunter, welche durch die bürgerlichen GPK-Vertreter im Rahmen der GPK-Sitzung nicht vorgebracht und deshalb auch nicht in einem grösseren Gremium diskutiert wurden. De facto wurde damit die GPK ausgehebelt oder das Gremium zumindest massiv in Frage gestellt. Dies hat mich persönlich geärgert, doch gehört dies in der Stadt Zug zum politischen Alltag. Solche politischen Spielchen kann ich mit meiner Frustrationstoleranz gut bewältigen.
Was sich jedoch in der Ratssitzung abspielte zeugte von einer politischen Un-Kultur, die ich nicht mehr zu akzeptieren bereit bin. Die bürgerlichen Kürzungsvorschläge wurden ohne jede Begründung vorgebracht. Meine Aufforderung an die Bürgerlichen, sie sollen ihre Kürzungsanträge bitte begründen, wurde mit Schweigen quittiert. Offenbar hält man es auf bürgerlicher Seite nicht für nötig, politisches Handeln zu legitimeren und aufzuzeigen, weshalb in welchen Bereichen gekürzt werden soll.
Dieses Verhalten empfinde ich als Machtdemonstration sondergleichen und dieses Verhalten zeugt in meinen Augen von einer Ignoranz, die demokratiepolitisch fragwürdig ist. Weil der bürgerliche Ratspräsident auch noch darauf verzichtet hatte, die Gegenstimmen zu den Kürzungsanträgen zu erheben, habe ich ein Zeichen gesetzt und den Ratssaal zusammen mit anderen Parlamentsmitgliedern verlassen.
Martin Kühn wirft uns nun vor, dass wir unsere Wählerinnen und Wähler im Rat nicht vertreten würden. Diesbezüglich kann er versichert sein, dass ich im Nachgang zu dieser unsäglichen Budgetdebatte mit einigen meiner Wählerinnen und Wählern im Kontakt stand. Viele von ihnen teilen meine Haltung und waren froh um das Zeichen, das ich zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen gesetzt habe!
Christina Huber Keiser, Mitglied SP Fraktion im GGR Zug