Interpellation der SP-Fraktion betreffend arbeitslos und 50plus – Votum Kantonsrat

Kantonsrat vom 03. Mai 2016

Interpellation der SP-Fraktion betreffend Arbeitslos und 50 Plus

 Geschätzter Kantonsratspräsident
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen

Als ich meine 4-jährige Lehre als Drucker abschloss sagte mir mein Arbeitgeber: „Du muss jetzt in mehreren Betrieben arbeiten und Erfahrungen sammeln. Ab 35 Jahren solltest du dich dann in einem Betrieb verankern. Das war vor rund 15 Jahren. Ich frage mich heute, ob mein damaliger Arbeitgeber in der heutigen Zeit noch dasselbe sagen würde!

Verliert man mit 50 Plus den Job, ist es schwierig, wieder ins Berufsleben zurückzufinden. Trotz vieler Erfahrungen, die man im Laufe der Jahre gesammelt hat. Ich bezweifle, ob Berufserfahrung alleine noch so viel zählt. Als Gruppenleiter betreue ich unter anderem Langzeitarbeitslose der Generation 50+. Diese älteren Personen wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren ist nicht einfach.

Die Angst vor dem Jobverlust ist bei älteren Arbeitnehmenden weit verbreitet. Leider zu recht: Die Arbeitslosenquote von Menschen zwischen 55 und 65 hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Wenn ich mir im Statistik-Regierungsbericht die Zahl der ausgesteuerten Personen über 50 anschaue, dann wurden in nur einem Jahr mehr als 160 Personen ausgesteuert, tendenziell steigend.

Dass immer mehr Menschen in der Schweiz Sozialhilfe beziehen, ist grundsätzlich ja eine Mär. Obschon Sozialhilfebeziehenden in absoluten Zahlen zugenommen haben, ist ihre Quote, also der Anteil an der wachsenden Gesamtbevölkerung, nicht gestiegen. Tendenziell sinkend sogar ist die Anzahl der SozialhilfebezügerInnen bei der Altersgruppe der bis 35-Jährigen, die den grössten Anteil ausmachen, das sind (58.3% Prozent). Die einzige Altersgruppe, wo die Sozialhilfebeziehendenzahlen steigen, sind die Altersgruppen 46-55 und 56-64 Jahre. Die Quote der Sozialhilfebeziehenden 50 Plus ist seit 2005 um 5.7% gestiegen, stärker als alle anderen Kohorten.

Es ist auch der Vorwurf laut geworden, dass aufgrund der strikteren Rentenpraxis der IV es vermehrt zu einer Verschiebung in die Sozialhilfe kommt. Anstatt zurück im Arbeitsmarkt, werden ältere Menschen zunehmend SozialhilfeempfängerInnen. Der Zürcher Stadtrat Martin Waser, Präsident der Städteinitiative Sozialpolitik sagt es gegenüber dem Tagesanzeiger (3.9.2013) folgendermassen: «Man muss heute kränker sein, um in die IV zu kommen. Und fitter, um in den Arbeitsmarkt zurückzufinden.» Hier fallen Menschen mit 50+ sozusagen „durch die Maschen“.

Zudem ist in der Altersgruppe 50+ auch die Anzahl der Langzeitbeziehenden am Höchsten. Mehr als die Hälfte der über 50-jährigen BezügerInnen bezieht Sozialhilfe über drei Jahre lang, und nur 20% verlassen die Sozialhilfe nach weniger als einem Jahr. Im Vergleich dazu sind bei den 18-35-Jährigen doppelt so viele BezügerInnen, die weniger als ein Jahr von der Sozialhilfe abhängig sind.

Auch bei der Langzeitarbeitslosigkeit zeigt sich ein ähnliches Bild. Obschon hier der Anstieg der über 50-jährigen zum Teil auch auf ihren steigenden Anteil dieser Altersgruppe an der Gesamtbevölkerung zurückzuführen ist, steigt die Erwerbslosenquote bei der Generation 50+ dennoch zwischen 2013 und 2014 von 2.6. auf 3.4% Prozentpunkte an. Ein besorgniserregender Wert, der weiter ansteigt.

Damit diese Entwicklung sich nicht weiter fortsetzt, will die Regierung das Thema nun endlich ernst nehmen. Wir begrüssen deshalb die Kampagne “Alter hat Potenzial”, die stereotype und negativ besetzte Bilder über das Altern und die älteren Arbeitskräfte aufbrechen und stattdessen deren Potentiale aufzeigen. Allerdings sind wir der Meinung, dass diese Massnahmen alleine noch nicht ausreichen. Wir fordern die Regierung auf, noch weitere Massnahmen in Angriff zu nehmen: Etwa könnten Menschen mit 50+ ohne Stelle besser wieder für den Arbeitsmarkt gemacht werden, wenn sie sich gezielt spezifische Qualifikationen aneignen: Hier bietet sich ein Weiterbildungsfonds an, der Zusatzausbildungen und Umschulungen finanziert. Auch die Unternehmen sollten mehr in die Pflicht genommen werden. Hier sind Massnahmen gegen eine Altersdiskriminierung zu treffen.

Es kann schliesslich nicht sein, dass das Rentenalter steigt und gleichzeitig ältere Menschen immer mehr Schwierigkeiten haben, eine Stelle zu finden.

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