Interpellation SP-Fraktion Förderung der Gleichstellung in der Stadt Zug

29. Februar 2016

Vor zwanzig Jahren, 1996, ist das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GIG; SR 151.) in Kraft getreten. Aus dem Verfassungs- und Völkerrecht ergibt sich der Auftrag an Bund, Kantone und Gemeinden, die tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau zu fördern, insbesondere die Gleichstellung in Familie, Ausbildung, Arbeit und der politischen Partizipation. Gegen den Zuger Kantonsratsbeschluss zur Nichtfortführung der Kommission für die Gleichstellung von Frau und Mann erfolgte am 29. November 2010 eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Im Entscheid vom 21. November 2011 (BGE 137 I 305) hält das Bundesgericht unter anderem fest: Die Bundesverfassung und die Zuger Kantonsverfassung enthalten einen Auftrag zur Schaffung tatsächlicher Gleichheit in der sozialen Wirklichkeit. Der Gleichstellungsauftrag bezieht sich auf alle Lebensbereiche. Er richtet sich an alle Stufen des Bundesstaats, d.h. an den Bund, die Kantone und die Gemeinden. Auch wenn der Verfassungstext nur den Gesetzgeber anspricht, haben auch die rechtsanwendenden Behörden (Verwaltung, Richter/innen) die Pflicht, dem Geschlechtergleichheitsgebot in den Schranken ihrer Zuständigkeit zum Durchbruch zu verhelfen. Die Bundesverfassung enthält einen Sozialgestaltungsauftrag, der dahin geht, auf den Abbau bestehender Stereotypisierungen und diskriminierender Strukturen hinzuwirken. Hierfür genügt es nicht, die Diskriminierung von Frauen durch Private (z.B. im Erwerbsleben) zu verbieten. Vielmehr „bedarf es gezielter Massnahmen, um stereotype Rollenbilder und gesellschaftlich institutionalisierte Verhaltensmuster und damit einhergehende Benachteiligungen zu beseitigen sowie ein Umdenken in der Gesellschaft einzuleiten“. Der Regierungsrat weist in seinem Bericht und Antrag zum Erlass eines Gesetzes über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GIG-ZG) vom 3. März 2015 darauf hin, dass bezüglich der Gleichstellung von Frau und Mann in vielen Bereichen Handlungsbedarf bestehe. So nennt er etwa die Lohn- und Bildungsunterschiede, die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben für Mütter und Väter, sowie Ungleichheiten bezüglich der Vertretung der Frauen in der Politik. Trotz der Fortschritte bezüglich der formalen Ungleichbehandlungen sei in vielen Bereichen die tatsächliche Gleichstellung noch nicht realisiert. In seiner Vernehmlassungsantwort an den Regierungsrat lehnt der Stadtrat den kantonalen Gesetzesentwurf in der vorliegenden Form zwar ab, aber „unterstützt grundsätzlich das Anliegen des Regierungsrates, der Gleichstellung von Frau und Mann – auch im Kanton Zug – zum Durchbruch zu verhelfen.

Da ein formelles Gleichstellungsgesetz nicht besteht, ist auf kommunaler Ebene der Stadtrat im Rechtssinne verpflichtet, die entsprechenden Massnahmen zur Gleichstellung zu ergreifen. In diesem Zusammenhang bitten wir den Stadtrat um die Beantwortung der folgenden Fragen:

  1. Welche aktuellen „facts & figures“ sind dem Stadtrat zur Gleichstellung oder auch Ungleichstellung der Geschlechter in der Stadt Zug bekannt (etwa in den Bereichen Bildung, Erwerbstätigkeit, Familie, Freizeit/Mobilität und Verwaltung und Politik)?
  2. Der Stadtrat hielt in Beantwortung einer Interpellation betreffend „gleiche Löhne für Frauen und Männer“ im Jahr 2008 fest: „Der Stadtrat fördert die Chancengleichheit seit vielen Jahren. Aufgrund einer erheblich erklärten Motion aus dem Jahre 1991 hat der Stadtrat umfangreiche Massnahmen eingeleitet und umgesetzt. Mit der GGR-Vorlage Nr. 1341 vom 25. Juni 1996 wurde dem GGR Bericht und Antrag erstattet. Gleichentags hat der Stadtrat die GGRVorlage Nr. 1973 .Richtlinien zur Chancengleichheit von Frau und Mann in der Stadtverwaltung1 verabschiedet.“1
  3. Welche Massnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter wurden seither (insbesondere in den letzten 10 Jahren) umgesetzt? Welche Folgerungen zieht der Stadtrat aus dem Bundesgerichtsurteil vom 21. November 2011 (BGE 137 I 305), worin festgehalten ist, dass auch die Gemeinden ihren Teil zur Gleichstellung der Geschlechter beitragen müssen?
  4. Anhand welcher aktuellen Strategie gedenkt der Stadtrat, die Gleichstellung von Frau und Mann auf kommunaler Ebene umzusetzen?
  5. Inwiefern ist der Stadtrat bereit, die Lancierung eines verbindlichen Aktionsplanes2 zur Gleichstellung von Frau und Mann zu prüfen?

Wir bitten um schriftliche Beantwortung.

SP-Fraktion des GGR

1 Interpellation betreffend gleiche Löhne für Frauen und Männer, Antwort des Stadtrats vom 13. Mai 2008, Nr. 1973, S. 6f.
2 Wir verweisen als Beispiel auf die Stadt Bern, die seit 2009 konkrete Aktivitäten definiert und umsetzt; aktuell: „Aktionsplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern 2015 – 2018; Schwerpunkte, Ziele, Massnahmen“.