Votum zur Interpellation der SP-Fraktion betreffend «Echtes Engagement oder Dienst nach Vorschrift – nimmt der Stadtrat seine Verantwortung bei der Umsetzung des Volksauftrages “Wohnen in Zug für alle” wirklich wahr?».

von Rupan Sivaganesan, 9. Mai 2022

Sehr geehrte Damen und Herren

Sehr geehrter Frau Präsidentin

Die SP-Fraktion dankt dem Stadtrat für die Bearbeitung unserer Interpellation. Vor zehn Jahren wurde unsere Volksinitiative zum Wohnen vom Volk angenommen. Die Antworten des Stadtrats zeigen: Umgesetzt wurde faktisch sehr wenig. Dies ungeachtet unseres mehrmaligen Interpellierens zur Förderung preisgünstiger Wohnungen und zur Umsetzung des Volksauftrags. Die Wohnungslage hat sich in den letzten Jahren nicht entspannt, sondern verschärft. Die Situation ist nun derart desolat, dass selbst die FDP das Problem erkannt hat.

Erlauben Sie mir bitte, auf einige Punkte vom Stadtratsbericht genauer einzugehen und die Sicht der SP-Fraktion darzulegen.

Der Stadtrat behauptet auf Seite 1, ich zitiere: «Die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum und die Unterstützung der Zuger Wohnbaugenossenschaften und gemeinnützigen Bauträgern ist dem Stadtrat ein grosses Anliegen.» Das klingt erst einmal vielversprechend. Wer sich aber die Realität anschaut, kann sie nur bedauern. Der Stadtrat sieht sein Engagement an erster Stelle durch die Schaffung von vier Zonen für den preisgünstigen Wohnungsbau dokumentiert. Dort sind bis 2021 ganze 69 Wohnungen bezugsfertig gemacht worden. Das Resultat gleicht dem berühmten Tropfen auf dem heissen Stein.

Eine eigentliche Enttäuschung stellen die Verhältnisse auf den städtischen Grundstücken dar, die für den preisgünstigen Wohnraum vorgesehen wurden. Was wurde hier in den letzten vier Jahren Konkretes unternommen? Die Antwort ist hier klar: geschehen ist fast gar nichts oder sehr wenig. Geeignete städtische Parzellen wie jene an der Chamerstrasse, im Steinlager und in den Gimenen sind nicht weiterentwickelt worden, obwohl sich hier das regelmässig vorgebrachte Problem der Landbeschaffung nicht stellt.

Die Liste auf Seite 8 zeigt auf, dass Ende 2023 bestenfalls 14 preisgünstige Wohnungen am Knopfliweg und an der Zugerbergstrasse entstehen werden. Das lädt nicht dazu ein, stolz zu sein. In den Augen der SP ist es nicht als Beleg zu werten, dass die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum «ein grosses Anliegen» sei!

Vor zehn Jahren hat das Volk dem Stadtrat den konkreten Auftrag erteilt, Wohnbaugenossenschaften und andere gemeinnützige Bauträger bei der Landbeschaffung sowie bei der Erstellung und Renovation preisgünstigem Wohnraums mit Fördermassnahmen zu unterstützen. Aus den Antworten zu den Fragen 1 und 2 geht hervor: Der Stadtrat ist diesem Auftrag bisher kein einziges Mal nachgekommen und ist damit auch in diesem Punkt seiner Umsetzungsstrategie nicht ansatzweise gerecht geworden. Das Resultat ist mager. Und es wirft nicht zuletzt die Frage auf, wie zweckhaft und ergebnisorientiert der Dialog mit den Genossenschaften effektiv war.

Der Stadtrat erklärt den Missstand auch mit der mangelnden Initiative von Wohnungsbaugenossenschaften. Zumindest beim Steinlager stimmt es aber nicht, dass Wohnbaugenossenschaften keine Projekte an den Stadtrat herangetragen hätten. Das Vorhaben wurde nach einer Testplanung und einem unter Wohnbaugenossenschaften durchgeführten Wettbewerb von Seiten der Stadt aus nicht nachvollziehbaren Gründen 2019 gestoppt. Wie es weitergehen soll, ist uns nicht klar, denn seither ruht alles in den Schubladen des Bauamts.

Überhaupt ist Ruhe das eigentlich praktisch gültige Hauptmotto der stadträtlichen Politik betreffend preisgünstigem Wohnungsraum. Obwohl es in der Stadt seit langem – seit sehr langem – erschwingliche Wohnungen braucht, will der Stadtrat städtische Grundstücke, auf denen hunderte solcher Wohnungen stehen könnten, erst wirklich in den 2030ern bezugsfertig machen – wenn überhaupt und dann auch noch im angekündigten Umfang.

Wie viele Zuger:innen werden bis dahin wegziehen müssen, weil sie sich das Leben in unserer offenbar in nur ausgewählten Bereichen

zupackenden Macherstadt nicht mehr leisten können?

Wie viele von ihnen werden sich angesichts des beabsichtigten Schneckentempos denken, dass es dem Stadtrat gar nicht so ernst ist mit der Schaffung von preisgünstigem Wohnraum?

Bitter ist das alles nicht zuletzt deshalb, weil die angestrebte Politik das Problem kaum lindern kann. Gemäss Antwort auf Frage 7 sollen die in Planung befindlichen Bebauungspläne eines Tages etwa 800 preisgünstige Wohnungen vorsehen. Was das konkret bedeuten wird, ist heute unklar. Bei einer angenommenen Einwohnerzahl von 41’000 im Jahr 2040, was die Untergrenze des Stadtrats darstellt, wären aber nicht nur 800, sondern ohne Weiteres doppelt so viele preisgünstige Wohnungen im erwähnten Planungsgebiet möglich.

Der Stadtrat will offensichtlich den Landeigentümern grosse Aufzonungen ermöglichen, die ihnen einen riesigen Bodenmehrwert eintragen werden. Für den preisgünstigen Wohnraum und damit die Allgemeinheit will er hingegen lediglich einige Brosamen einfordern.

Wieder einmal zeigt sich: Der Stadtrat setzt sich zwar wortreich für den preisgünstigen Wohnraum und Wohnungsbau ein. Diesem Bekenntnis folgen aber nur wenige Taten. Das Problem scheint erkannt, aber für seine prioritäre Behandlung schafft es der Stadtrat nicht, den notwendigen politischen Willen aufzubringen.  

Damit ist für uns klar: Das Volk muss es richten. Und: Das Volk muss dem Stadtrat sehr konkrete Aufträge erteilen, um die ernsthafte Umsetzung seiner Anliegen endlich sicherzustellen. Ich darf Ihnen versprechen, dass die SP just zu diesem Zweck bald eine Initiative lancieren wird.

Rupan Sivaganesan

Rupan Sivaganesan