Fraktionsvotum zur Volksinitiative “2000 Wohnungen für den Zuger Mittelstand”

von Ivano De Gobbi, 1. März 2023

Wir von der SP-Fraktion danken dem Stadtrat für die ausführlichen Schilderungen. Inhaltlich kann ich jedoch keinen Dank aussprechen, da die Meinung vom Stadtrat und der SP-Fraktion diametral auseinander gehen.

Es ist bekannt, dass wir uns von der SP seit Jahrzehnten für den preisgünstigen Wohnungsbaus einsetzen und auch weiterhin einsetzen werden

Anfang Oktober 2022 hat die SP der Stadt Zug die Volksinitiative „2000 Wohnungen für den Zuger Mittelstand“ mit 901 Unterschriften eingereicht. Sie hat zum Ziel, den Anteil preisgünstiger Wohnungen am Wohnungsbestand von heute 14 % bis zum Jahr 2040 auf 20°% zu erhöhen. Kurzfristig sollen drei städtische Grundstücke zügig mit preisgünstigen Wohnungen überbaut werden. Langfristig sollen in den Verdichtungsgebieten mindestens 40% der Wohnungen preisgünstig erstellt werden.

Selten war das Unterschriftensammeln so einfach. Dutzende Gespräche haben wir geführt. Die Mietpreise sind unbestritten DAS Problem, das unseren Einwohner:innen am meisten belastet.

Wagen wir doch kurz den Blick zurück ins vergangene Jahr bezüglich den Wahlversprechungen:

Die Stadt Zug braucht mehr bezahlbaren Wohnraum! Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen => Stadtpräsident André Wicki

Bezahlbares Wohnen auch für den Mittelstand => Stadträtin Eliane Birchmeier

Wir verfolgen beharrlich Projekte für bezahlbaren Wohnraum => Stadtrat Urs Raschle

Private Wohnbaugenossenschaften sollen genug Anreize haben, um mit liberalen Instrumenten mehr preisgünstigen Wohnraum zu schaffen => Stadtrat Etienne Schumpf

Es scheint im Moment so, als ob dies nur leere Worthülsen waren um die Wählerschaft in Bezug auf den preisgünstigen Wohnungsbau für die nächsten 4 Jahre zu vertrösten.

Umso mehr ist die Antwort des Stadtrats auf unsere Initiative absolut enttäuschend. Es ist nicht nur die materielle Ablehnung, es ist vor allem die Haltung dahinter, die uns mit tiefer Sorge erfüllt. Dabei geht es nicht etwa um die liberale Gesinnung. Denn bekanntlich sind mittlerweile auch liberale Kräfte davon überzeugt, dass wir ein Problem haben. Ich denke an Ihre Motion “Taten statt Worte – liberale Lösungen für mehr bezahlbaren Wohnraum”, liebe Kolleg:innen von der FDP vom 3. März 2021 oder aber auch an die Diskussionen auf nationaler Ebene, wo es beispielsweise FDP Ständerat Damian Müller ist, der verlangt, dass der Bund neue Wege geht, um gegen die Wohnungsnot vorzugehen.

Es ist vielmehr die Wortwahl – mit wie wenig Dringlichkeit unser Stadtrat DAS Problem der Zugerinnen und Zuger kleinredet und die Tatsache, dass er nicht eine einzige wirklich valable Alternative aufzeigt.

Unserer Meinung nach, hält seine Argumentation in keinem der Punkte stand:

Alle von uns genannten städtischen Liegenschaften sind bestens geeignet für Wohnungen im unteren und mittleren Preissegment (und nota bene, das untere Preissegment in Zug ist alles andere als tatsächlich tief)

Gimenen

Hier könnten bei der städtischen Parzelle die Anteile der Wohnzone und ein Teil der öffentlichen Zone sofort in die Wohnzone 2b umgewandelt werden (damit betten sie sich perfekt in die Nachbarsparzellen ein) und 50 statt wie aktuell möglich 25 preisgünstige Wohnungen entstehen. Diese könnten 2026 bezugsbereit sein. Es ist nicht einzusehen, warum für die Umzonung die Ortsplanungsrevision abgewartet werden soll, denn diese wird damit in keiner Weise präjudiziert. Es ist auch nicht einzusehen, weshalb hier ausschliesslich im Luxussegment gebaut werden soll und dieses Land nicht auch an eine Genossenschaft im Baurecht abgegeben werden kann, damit Wohnungen für den Mittelstand entstehen können.

Steinlager (Industriestrasse Nord)

Hier sind wir in der Hochhauszone 3 und im Verdichtungsgebiet 2 mit Ausnützungsziffer (AZ) bis 3,5. Mit einer Testplanung (unter Federführung von V-ZUG) wurde auf diesem Areal bis im Herbst 2020 ein Projekt mit gemischter Nutzung vorangetrieben. Beteiligt waren auch zwei Wohnbaugenossenschaften (Familia und die Genossenschaft W`Alter). Gleichzeitig mit der Übernahme der Federführung durch die Stadt wurden die Arbeiten am bisherigen Projekt eingestellt. Wieso? Wenn wir hier keinen preisgünstigen Wohnraum schaffen, wo dann?

Chamerstrasse

Der Stadtrat hat die Grundstücke in allen Vorlagen und Aktionsplänen als geeignet für den preisgünstigen Wohnungsbau genannt, eines der Grundstücke bereits 1981 nach der Abstimmung über die SP-Wohnbauinitiative. Passiert ist bis heute nichts. Im Aktionsplan des Stadtrates von 2018 heisst es: Zeithorizont ab 2020. In der Beantwortung der SP-Interpellation vom März 2022 heisst es: «Vor weiteren Planungen oder einer Vergabe im Baurecht werden die Entwicklungen im Brüggli abgewartet.» Das Entwicklungskonzept Brüggli liegt seit September 2022 vor. Heute sagt der Stadtrat: «Mit dem Vorliegen des Konzepts kann die Planung zur baulichen Entwicklung der städtischen Grundstücke an der Chamerstrasse grundsätzlich gestartet werden». Konkreter wird er nicht. Unten könnten Parkplätze entstehen, sollten diese als teilweiser Ersatz für die aufzuhebenden PP beim Brüggli gebraucht werden. Wieso hier nicht endlich gestartet wird, ist schleierhaft.

Gaswerkareal

Der Stadtrat will auch bei der Ortsplanungsrevision keine Umzonung der Parzelle, damit liegt Land an attraktiver Lage brach, obwohl hier eine Mischnutzung mit Gewerbe-öffentliche Nutzungen-Wohnen bestens passen würde und teilweise kompensiert werden könnte, was an der Aa verpasst wird. Das Gebiet würde sich zudem hervorragend für ein Projekt für “innovative Wohnformen” eignen. Es können 100-150 preisgünstige Wohnungen realisiert werden.

Der Stadtrat verweist auf „seine“ eigenen Projekte: Zugerbergstrasse, Knopfliweg und Ahornpark

Tatsächlich: Am Knopfliweg wird ein interessantes Projekt der Gewoba realisiert. Es gibt allerdings nur 4-6 Wohnungen, an der Zugerbergstrasse um die 10. Wenn das alles ist, dann ist das nicht mal Dampf vom Tropfen auf den heissen Stein….

Zu den vier städtischen Grundstücken, bei denen die Initiative ein rasches Vorgehen verlangt, bringt der Stadtrat lauter Ausreden vor, warum das nicht möglich sei.

Bei den Verdichtungszonen will sich der Stadtrat damit begnügen, „mindestens“ 20 % der Mehrnutzung für preisgünstige Wohnungen zu verlangen. Damit könnten aber höchstens 800 solcher Wohnungen realisiert werden.

Wir haben uns in der Initiative auf Gebiete konzentriert, wo deutlich mehr preisgünstige Wohnungen entstehen können. Der Ahornpark wird frühestens 2030 frei, denn zuerst müssen der heutige Werkhof und die Feuerwehr eine neue Bleibe finden.

Zu berücksichtigen ist, dass die vorgesehenen Neubauten in der Regel den Abriss von bestehenden Bauten und damit auch von preisgünstigen Wohnungen mit sich bringen. Um den Anteil konstant zu halten, müssen diese Wohnungen zuerst ersetzt werden. Heute beträgt der Anteil der preisgünstigen Wohnungen rund 14 %. Mit dem Vorgehen des Stadtrats kann dieser Anteil bestenfalls knapp gehalten werden.

Wie die Immobilienberatungsfirma Wüst Partner kürzlich berechnet hat, fehlen schweizweit bis 2026 rund 51’000 Wohnungen. Das sind etwa gleich viele Wohnungen wie die Stadt Luzern zählt. Damit steuert die Schweiz auf die grösste Wohnungsknappheit seit mehr als 30 Jahren zu. Besonders betroffen davon ist auch der Kanton Zug.

Wenn der Stadtrat wirklich etwas für den preisgünstigen Wohnungen tun möchte, hätte er zumindest valable Alternativen präsentiert.

Was der Stadtrat vorschlägt ist ein Placebo, in der Hoffnung, es möge wirken.

Die Initiative mag kein Allheilmittel sein, bietet aber konkrete und griffige Massnahmen, die auf verschiedenen Ebenen wie den städtischen Grundstücken und bei den Verdichtungsgebieten ansetzen.

Denn wenn wir noch länger warten, dann hilft auch kein Zaubertrank mehr. 

Wir beantragen die Änderung der Ziffer 3 zu:

Das Initiativbegehren wird den Stimmberechtigten zur Annahme empfohlen

Ivano de Gobbi

Ivano De Gobbi