Votum: Erweiterung Bossard Arena

19. Mai 2021

GGR vom 18. Mai 2021

Vorab gratulieren wir dem EVZ zum hart erkämpften Meistertitel sehr herzlich! Ange­sichts dieses sportlichen Erfolgs ist der Zeitpunkt für das Thema Stadionerweiterung bzw. für den stadträtlichen Zwischenbericht nachgerade idealst getimt. Und dass der EVZ auf klare Signale von der Stadt hofft, ist ebenfalls verständlich.

Gleichwohl gilt es trotz momentaner Euphorie, klaren Kopf zu bewahren. Eine Stadion-Erweiterung muss insbesondere aus der Sicht der Stadt unter verschiedenen Aspekten sehr sorgfältig geprüft werden. Aber auch der EVZ muss allenfalls noch einmal über die Bücher, wenn dann klare Fakten und verlässliche Zahlen auf dem Tisch liegen.

Die SP verlangt vor der Klärung der Frage einer allfälligen Stadionerweiterung volle Transparenz hinsichtlich sämtlicher ins Auge gefassten Optionen (Kosten, Risiken, Finanzielles, Rechtliches, etc.). Besonders sorgfältig wird dabei die Variante Baurecht mit all ihren rechtlichen Konsequenzen zu analysieren sein. Dabei gehören insbeson­dere die finanziellen Aspekte vertieft geklärt. Sicherlich wird die Stadt nach Meinung der SP-Fraktion einen allfälligen Baurechtszins nicht aufgrund des aktuellen Buchwerts des Stadions festlegen können. Es wäre völlig unangebracht, wenn die Steuerzahler* innen nach zehn Jahren einen solch horrenden Abschreiber zu tragen hätten. Weiter muss sich die Stadt jederzeit bewusst bleiben, was wir im Zusammenhang mit dem Neubau des Stadions im Vorfeld zur Abstimmung vor gut 12 Jahren alles an Verspre­chungen ans Hertiquartier gemacht haben. Es kann nicht sein, dass wir das Quartier erneut mit vielen Zückerchen von einem Ja zur Erweiterung zu überzeugen versuchen. Das Wohnquartier mit all seinen Interessen wird weiterhin ernst zu nehmen sein. Daher klingt es in den Ohren der SP-Fraktion etwas zynisch, wenn – wie im Bericht der GPK schon heute nachzulesen ist – es eines grossartigen Kommunikationskonzepts bedürfe, um das Quartier und das Volk zu überzeugen, dass es sich bei der Stadionerweiterung um eine Win-Win-Situation für alle handle. Meine Damen und Herren, wer wagt es denn, im heutigen Zeitpunkt ernsthaft schon von einer Win-Win-Situation sprechen zu wollen. Das steht doch noch alles in den Sternen. Zuerst gehören doch die Fakten geklärt, geschätzter Herr GPK-Präsident. Mit dem Quartier und den Bewohnerinnen und Bewohnern unserer Stadt wird nicht möglichst clever und via süsse Versprechungen zu kommunizieren sein, sondern mit offenem Visier, fair, transparent und umfassend!

Für eine substantielle Variantendiskussion ist es für die SP-Fraktion noch viel zu früh. Derzeit liegen noch viel zu wenig Fakten vor. Uns geht alles etwas zu schnell! Auch die bereits bejubelte Variante «keep building» ist doch noch nicht spruchreif für eine faktische Vorab-Weichenstellung. Wichtiges Anliegen für die SP-Fraktion ist bei jeder Variante auch die Prüfung der städtebaulichen und architektonischen Situation. Denn diese wird durch eine wie auch immer geartete Stadion-Erweiterung massiv tangiert werden. Weshalb daher nicht einen Wettbewerb zur Stadionerweiterung durchführen, um eine bestmögliche und breite Auslegeordnung zu erhalten? Das heutige Stadion bildet mit dem „Uptown“ ein gewachsenes und auch punkto Nutzung in sich austa­riertes Ganzes, an welchem nicht nach Lust und Laune herumgebastelt werden kann.

Zu der vom Stadtrat scheinbar favorisierten Baurechts-Lösung dürfte ebenfalls noch nicht das letzte Wort gesprochen sein. Uns verwundert, dass die FDP bereit ist, sich auf einen allenfalls folgenschweren Blindflug einzulassen. Wir verlangen auch bei einer Baurechtsvariante vor jedweder Weichenstellung volle Transparenz und Kostenwahr­heit. Denn noch ist völlig unklar, was der eine oder der andere Weg bedeuten würde. Einmal mehr auch aus Sicht des Quartiers! Und was ist, wenn der EVZ vom Pfad des Erfolgs abkommen sollte und dereinst die Kosten nicht mehr stemmen kann? Tritt dann so etwas wie eine Staatsgarantie in Kraft oder verscherbelt dann der EVZ das Baurecht an einen ausländischen Grossinvestoren, der sich das Hobby eines eigenen Hockeyklubs leisten möchte.

Sie sehen es, viele Fragen, die sich ernsthaft noch nicht beantworten lassen. Zuerst müssen die Fakten von neutraler Seite aufgearbeitet und analysiert werden. Entspre­chend fordern wir den Stadtrat schon heute auf, wenn die Varianten- und Finanzie­rungsoptionen auf dem Tisch liegen, die sichtlich komplexe Ausgangslage durch eine externe und unabhängige Expertise aufarbeiten bzw. beurteilen zu lassen. Bei der finalen Weichenstellung wird dann der GGR und das Volk einzubinden sein. Jetzt darf trotz Freudentaumel nichts übers Knie gebrochen werden. Denn morgen kann alles schon wieder anders sein. Eine Schwalbe macht bekanntlich noch keinen Sommer!

Für die SP wird dabei vorausgesetzt, dass die Interessen der Stadt gegenüber denjeni­gen des EVZ Vorrang haben und entsprechend gewichtet werden müssen. Versteckte Subventionen dürfen bei welcher Lösung auch immer kein Thema sein! Denn aus Sicht der SP-Fraktion ist es keine Kernaufgabe der Stadt, einem gewinnstrebigen Privat­unternehmen, wie es der EVZ zweifelsfrei eines ist, allenfalls durch eine vergünstigte Baurechtsvergabe und sonstige Zusagen zu subventionieren, zumal der EVZ vermutlich schon heute von Sonderkonditionen im einen oder anderen Bereich profitieren dürfte.

Stimmt ein mögliches Paket nicht mit den städtischen Interessen überein, darf es folge­richtig auch nicht geschnürt werden. Entsprechend wird eine Vergabe des Stadions im Baurecht besonders sorgfältig und unter allen Titeln zu prüfen sein. Denn damit begibt sich die Stadt nicht zuletzt ihrer Eigentümerrechte am Bau und wird je nachdem kaum mehr Einfluss auf weitere Entwicklungen rund ums Stadion wie auch dessen Bewirt­schaftung und Nutzung nehmen können.

Es käme Kaffeesatz lesen gleich, heute beurteilen zu wollen, ob die angedachte Stadion-Erweiterung für den EVZ zu stemmen sein wird. Vorsicht jedenfalls ist die Mutter der Porzellankiste! Das Beispiel des erfolgsverwöhnten SC Bern zeigt, wie eng der Grat zwischen Sieg und Niederlage bzw. zwischen finanziellem Erfolg und Miss­erfolg ist. Der EVZ soll weiterhin bei gesunden Finanzen in vernünftigem Rahmen Brot und Spiele verkaufen können, aber sicherlich nicht mit Unterstützung und auf dem Buckel der Steuerzahler*innen. So sagte auch Finanzchef André Wicki in der Luzerner Zeitung vom 17. September 2020 klar: «Die Hauptherausforderung besteht darin, dass die Liga wieder auf starken Beinen stehen muss, bevor man über Erweiterungen kon­kret reden kann.» Dieser Nachweis wird also vorab noch zu liefern sein. Wie übrigens auch der offenbar bestehende Nachfrageüberhang nach Besucher*innen-Tickets. Denn die Statistiken aus den Saisons 2010 bis 2018 zeigen gemäss unseren Quellen ein anderes Bild. Demnach bewegte sich der Zuschauer*innen-Schnitt zwischen 6’064 und 7006. Also halten sich zumindest vorderhand das Platzangebot und die -nachfrage offensichtlich einstweilen noch die Waage. Und zu guter Letzt sei hier noch angemerkt, das Stadion wurde bereits 2017 erweitert, von 7’015 auf 7’200 Zuschauer*innen.

Sie sehen, meine Damen und Herren, es wird also noch viel zu tun, zu rechnen und zu klären sein, für den EVZ, für die Stadt, für diesen Rat. Insofern nimmt die SP-Fraktion den stadträtlichen Zwischenbericht zur Kenntnis, gänzlich unverbindlich und frei von jeder Verpflichtung, jedoch gespannt auf die weiteren Abklärungen und die nächsten Zwischenergebnisse.